150 Jahre

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Gatzweiler!
Sehr geehrte Festgäste!
Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren!

„Komm mit bleib Fit!“, wir entnehmen diese Aufforderung der Einladung zur heutigen 150. Jahrfeier des Stolberg Turnvereins 1862. Er ist der älteste Turnverein in unserem Stolberg. „Komm mit bleib fit!“, so übersetzt der Stolberger Turnverein heute den Slogan „Frisch, fromm, fröhlich, frei“ von Ludwig Jahn, dem bekannten Turnvater. Die Zielsetzung der damaligen körperlichen Ertüchtigung – wie es hieß – war eine ganz andere als heute. Aus der Historie entnehmen wir, dass in den 1820-iger Jahren im Vordergrund die Vorbereitung der Jugend auf den Kampf gegen die damalige napoleonische Besetzung und die Rettung Preußens stand. Heute hat körperliche Ertüchtigung und Sport eine ganz andere Zielsetzung und einen veränderten Stellenwert in der Gesellschaft.

 

 

Die Sportwissenschaft fügt den verschiedenen sportlichen Leistungsniveaus: Breitensport, Leistungssport und Hochleistungssport den Gesundheitsport an. Wir erkennen, dass der Sport stets mit bestimmten Zielen, Leistungszielen bzw. Leistungsansprüchen verbunden wird. Doch, was heißt „Leistung“ im Breitensport, im Freizeitsport oder im Gesundheitssport? So können auch der zum ersten Mal im Training geglückte Purzelbaum, der kluge gespielte Pass, der plazierte Schmetterball oder die ersten drei Minuten Laufeinheit nach durchlebtem Herzinfarkt Leistungen sein. Als Leistung muss auch verstanden werden, wenn man sich überwindet und den Fernsehsessel verlässt, um sich körperlich zu betätigen.

Es kommt eben auf den Standpunkt der Betrachtung an. Leistung ist ein Begriff, der unterschiedlich ausgelegt wird. So kann jede Handlung oder körperliche Betätigung als Leistung gelten. Dieser Maßstab muss heute völlig individuell gewählt oder entwickelt werden.

Unsere Gesellschaft ist geprägt von einem ungesunden Lebensstil mit mangelnder Bewegung, inadäquater Ernährung und psychischer Belastung in Schule und Beruf, in Familie und Freizeit, auch im Leistungssport. Hier beginnt die Ursache für verschiedene Erkrankungen. Insbesondere ergibt sich aus dieser Problemsituation eine Zunahme der Zivilisationskrankheiten, so wie wir sie heute kennen: Herzinfarkt, Schlaganfall, Übergewicht und Adipositas, Metabolischem Syndrom, Zuckerkrankheit und psychischen Erkrankungen.

Im Sport verändert sich die ehemals eher einheitliche Wertestruktur. Sie war in erster Linie geprägt durch Fleiß, Anstrengung, Leistung, Fair-Play und Solidarität in Training und Wettkampf. Heute sind Werte hinzugekommen oder haben sich mit den traditionellen Werten vermischt. Es scheint zu einer einseitigen Überbetonung der Interessen des Einzelmenschen und zu einer einseitigen Überbewertung von Lust, Vergnügen und Genuss gekommen zu sein. Das sich messen, das miteinander ringen hat an Bedeutung nachgelassen. Erfreulich ist jedoch die Statistik zum Sport allgemein, denn knapp zwei Drittel der Deutschen treiben in irgendeiner Form Breiten-, Freizeitsport- oder Gesundheitssport. Nach der Motivation zur sportlichen Betätigung befragt, lassen sich gewisse Tendenzen herausarbeiten und einige zentrale Werte für die Ausübung von Sport benennen. In allen Untersuchungen dominieren heute die Motive Gesundheit, Freude und Spaß an der Bewegung sowie Ausgleich zum Arbeitsalltag. Dabei wurde das Gesundheitsmotiv am häufigsten genannt, nur bei den Jugendlichen stehen der Spaß und die Freude am Sport im Vordergrund.

Freizeitsport, Alternativsport und funktioneller Sport, so wie sie heute im Turnverein praktiziert wird, wird gekennzeichnet vor allem durch ihre offene Organisation. Die „Vereinsmitgliedschaft“ bildet den Rahmen der sportlichen Betätigung. Der gesellschaftliche Charakter, wie er in den Gründungsjahren mit prägend war, ist nahezu eingeschlafen.

Das Angebot fächert sich heute breit. Kursmodelle werden ebenso angeboten wie permanente körperliche Bewegung.

Das Wissen um Krankheit scheint in der modernen Gesellschaft größer zu sein als das über Gesundheit. In der Sportmedizin ist der Gedanke der Bewegungsprävention fest verankert. Eine wesentliche Aufgabe der Prävention liegt daher im Bereich der Erziehung, um das Wissen über ein gesundes Leben zu erhöhen. Das Fernziel einer so verstandenen Prävention ist die Sicherung der Gesundheit.

Der Stolberger Turnverein hat diese Tendenz aufgenommen, er unterstützt die Gesundheitsförderung im Allgemeinen und fördert darüber hinaus die Krankheitsprävention mit seinem Angebot.

Trotz seiner 150 Jahre ist der Verein mit seinen Verantwortlichen jung geblieben. Das sportliche Angebot im Stolberger Turnverein verbindet Generationen, Kulturen und fördert Gemeinsamkeit. Das Angebot spornt an, fördert Kommunikation, Solidarität und Begeisterung für eine gemeinsame Sache.

Sport ist Kultur. Sport ist nicht nur körperliche Aktivität. Sport fördert die Gesundheit. Sport erfordert den geistigen und körperlichen Gesamteinsatz des Menschen, gekennzeichnet durch Freiwilligkeit und Eigenmotivation, durch Können, Konsequenz und Geschicklichkeit.

Der Stolberger Turnverein von 1862 ist mit seinem sportlichen Auftreten in unserer Stadt präsent: „Komm mit bleib fit“ und dies seit 150 Jahren! Herzlichen Glückwunsch!